Branchenschaufenster in XXL

In wenigen Tagen öffnet die BAU in München wieder ihre Pforten. Wir sprachen im Vorfeld mit Dr. Reinhard Pfeiffer, stellvertretender Vorsitzender der Geschäftsführung der Messe München, und Dieter Schäfer, Vorsitzender des Ausstellerbeirats der BAU und Vorstandsvorsitzender der Deutschen Steinzeug Cremer & Breuer AG, über die Aussichten der Messe, die in diesem Jahr mit zwei neuen Hallen als „XXL-BAU“ auftritt.

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Mit zuletzt einer Viertel Million Besuchern bewegt sich die Messe auf einem sehr hohen Niveau.

Herr Dr. Pfeiffer, vom 14. bis 19. Januar werden wir, wie es im Vorfeld heißt, eine „XXL BAU“ erleben und damit die größte, die es je gegeben hat. Können Sie kurz skizzieren, was das XXL-Format ausmacht?

Dr. Reinhard Pfeiffer: Mit unseren neuen Messehallen C5 und C6 haben wir 20.000 Quadratmeter mehr Platz. Damit wächst die Ausstellungsfläche der BAU auf 200.000 Quadratmeter. Alle Hallen sind voll belegt. Mehr geht nicht. Insofern kann man schon von XXL sprechen, zumal wir infolge der zusätzlichen Fläche auch eine Rekordzahl bei den Ausstellern haben werden.

Rechnen Sie für 2019 auch mit steigenden Besucherzahlen?

Dr. Reinhard Pfeiffer: Sofern uns das Wetter keinen Strich durch die Rechnung macht – Ja! Wobei man nicht vergessen darf, dass wir mit zuletzt einer Viertel Million Besuchern ohnehin schon ein sehr hohes Niveau erreicht haben. Wir sind aber zuversichtlich, dass wir mit den beiden neuen Hallen nochmals die Besucherzahl steigern können.

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Dr. Reinhard Pfeiffer, stellvertretender Vorsitzender der Geschäftsführung der Messe München, zeigt sich zuversichtlich mit den beiden neuen Hallen nochmals die Besucherzahl steigern zu können.

Die zusätzliche Belegung der neuen Hallen C5 und C6 hat für einige Änderungen gesorgt, können Sie kurz skizzieren für welche?

Dr. Reinhard Pfeiffer: Die zusätzliche Fläche war Chance und Herausforderung zugleich. Sie gab uns die Chance, ein neues Thema in die BAU zu integrieren, nämlich das Thema Licht/Smart Building. Außerdem erhielten besonders stark nachgefragte Ausstellungsbereiche mehr Platz. Die Themen Bauchemie und Bauwerkzeuge belegen jetzt zwei ganze Hallen, B6 und C6. Auch die Hersteller von Bodenbelägen können sich über zwei komplette Hallen freuen, A5 und A6. Darüber hinaus rückt die BAU-IT in die Halle C5 und belegt diese Halle erstmals komplett. Die Herausforderung dabei war, einen Teil unserer Kunden in neue Ausstellungsbereiche zu begleiten und deren Messeerfolg damit noch besser sicherzustellen. Ich denke, unser Projektteam hat gerade diese Aufgabe sehr gut gemeistert.

Warum haben Sie sich entschieden, den Themenkomplex Licht/Smart Building in die BAU zu integrieren?

Dr. Reinhard Pfeiffer: Das Smart Building, also das vernetzte intelligente Gebäude, ist im Zuge der Digitalisierung in aller Munde. Wir haben dieses Thema, im Wesentlichen die Bereiche Gebäudeautomation und Gebäudesteuerung, jetzt in einer Halle, der C2, zusammengeführt und mit dem Thema Licht kombiniert. Denn das Licht ist ja ein wesentlicher Bestandteil des Smart Grid, in dem alle Geräte im Gebäude miteinander vernetzt sind. Generell spielt Licht eine immer größere Rolle im Gesamtkonzept eines Gebäudes. Von daher macht die Integration dieses Themas die BAU noch spannender.

Über das Thema Smart Building hinaus – welche Themen sind noch zentral auf der kommenden BAU?

Dr. Reinhard Pfeiffer: Wir haben vier Leitthemen definiert, eines davon ist die zunehmende Digitalisierung des Planens und Bauens. Davon leiten sich im Prinzip alle anderen Themen ab. Beispielsweise das modulare serielle Bauen. Durch die Digitalisierung ist die Vorfertigung in der Fabrik einfacher, präziser und schneller geworden. Vorgefertigte Gebäudeteile werden immer wichtiger, damit der Bauprozess an sich beschleunigt und dadurch preisgünstiger wird. Unser viertes Leitthema, Wohnen und Arbeiten, beschäftigt sich mit der immer stärkeren Vermischung dieser beiden Bereiche. Immer mehr Menschen wollen Homeoffice-Lösungen und die müssen sich auch in den räumlichen Möglichkeiten eines Gebäudes widerspiegeln. Im Prinzip hebt die Digitalisierung die klassische Trennung zwischen Wohn- und Arbeitswelten auf.

Und diese Themen werden in den Messeforen gespielt?

Dr. Reinhard Pfeiffer: Richtig. Wir konnten wieder tolle Referenten gewinnen, wie die bekannten Architekten Nathalie de Vries oder Kees Christiaanse. Ich denke, es ist für alle, egal ob Architekt, Handwerker oder Händler, eine spannende Angelegenheit, solche Persönlichkeiten einmal hautnah zu erleben und deren Ideen und Vorstellungen über die Zukunft des Bauens 1:1 präsentiert zu bekommen. Wir haben im Treffpunkt Handwerk aber auch ein Forum, in dem speziell Themen für Handwerker gespielt werden.

Herr Schäfer, Betrachtet man die klassischen Ausstellungsbereiche, fällt auf, dass sich die BAU mit dem Themenbereich Fliese nach wie vor schwertut. Oder täuscht der Eindruck?

Dieter Schäfer: Für uns als sehr stark architekturorientierter Fliesenhersteller ist die BAU ein absolutes Muss. Ein Großteil unserer Wettbewerber im In- und Ausland hat aber nicht diese architekturkeramische Ausrichtung, die aus meiner Sicht die BAU zu einer Pflichtveranstaltung macht. Diese Hersteller konzentrieren sich sehr stark auf die Cersaie in Italien und zum Teil auch auf die Cevisama in Spanien. Das sind allerdings reine Branchenfachmessen, die man nicht mit der BAU vergleichen kann, weil sie eine völlig unterschiedliche Ausrichtung haben. Vor diesem Hintergrund sind die jahrelangen Bemühungen der BAU, die Fliese zu stärken, leider ins Leere gelaufen. Die Leitung der BAU war dann so konsequent, das Konzept anzupassen, das heißt Fliese mit Naturstein zu verbinden und in der Halle A4 zentral zu positionieren.

Stark vertreten ist traditionell der Baustoffhandel/anderer Handel mit rund 30 Prozent Besucheranteil. Was macht die BAU für diese Zielgruppe so attraktiv?

Dieter Schäfer: Die BAU ist ein Branchenschaufenster, das es so kein zweites Mal gibt. Sie gibt einen kompletten Überblick über alle Gewerke und zeigt die Leistungs- und Innovationskraft der Branche. Für den Handel ist das eine einmalige Gelegenheit, neue Produkte und Technologien in Augenschein zu nehmen, sich von den Herstellern erläutern zu lassen und bei Bedarf auch gleich vor Ort zu ordern. Viele Händler besuchen die BAU gemeinsam mit ihren Kunden. Die können sich dann auch direkt bei den Herstellern von der Qualität der Produkte überzeugen.

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Dieter Schäfer, Vorsitzender des Ausstellerbeirats der BAU und Vorstandsvorsitzender der Deutschen Steinzeug Cremer & Breuer, sieht die BAU als ein Branchenschaufenster, das es so kein zweites Mal gibt.

Insgesamt lässt sich trotz XXL-Format der BAU feststellen, dass die Unternehmen angesichts knapper Marketing-Budgets ihre Messebeteiligung kritischer hinterfragen. So sind 2019 zwar die meisten bekannten Namen und Marken unserer Branche auf der BAU vertreten, aber ein paar prominente Namen fehlen dennoch.

Dieter Schäfer: Grundsätzlich können wir feststellen, dass die BAU trotz der zwei neuen Hallen immer noch eine sehr lange Warteliste hat. Aber es ist richtig, dass diesmal ein paar prominente Namen fehlen. Dafür gibt es allerdings Gründe: Bereiche wie Stahl oder Trockenbau entwickeln sich trotz der insgesamt positiven Konjunktur eher rückläufig oder haben mit Umstrukturierungsmaßnahmen zu kämpfen. Die knappen Budgets führen auch dazu, dass einige Aussteller nur noch auf eine Messe setzen und sich dann eben zwischen der BAU und einer der Spezialmessen entscheiden müssen. Drittens gibt es Aussteller, die auf andere Vertriebskanäle setzen. In diesem Umfeld muss sich die BAU behaupten und das tut sie glänzend. Die Zahlen sprechen ja für sich. Die BAU hat auch über 300 Kunden gewonnen, die sich 2019 zum ersten Mal präsentieren werden. Die Messe ist nach wie vor ein absoluter Magnet für die gesamte Branche.

Wie steuern Sie diesen Entwicklungen entgegen oder anders gefragt, wird die BAU bzw. das Messegeschäft im Zuge umwälzender technologischer Entwicklungen ebenfalls einem Wandel unterliegen?

Dieter Schäfer: Natürlich genügt es heute nicht mehr, einfach nur Fläche zu verkaufen. Die BAU unterstützt die Vertriebsmaßnahmen der Aussteller mit einer ganzen Reihe von Maßnahmen – vor, während und nach der Messe. Zum Beispiel auch mit unserem digitalen Service Trusted Targeting, um Zielgruppen digital noch effizienter zu erreichen. Über 80.000 Fachbesucher reisen zudem aus dem Ausland an, Tendenz steigend. Eine wirklich herausragende Zahl. Am Ende spricht für die Messe und insbesondere für die BAU die persönliche Begegnung mit den Menschen aus aller Welt und die haptische Erfahrung.

Zu guter Letzt ist die BAU auch immer Konjunkturbarometer und Konjunkturlokomotive. Wie bewerten Sie die Aussichten der Branche im BAU-Jahr 2019?

Dieter Schäfer: Die Vorzeichen sind günstig, auch wenn sich das Wachstum mittelfristig wohl abschwächen wird. Der Zentralverband Deutsches Baugewerbe rechnet dennoch für 2019 mit einem Umsatzwachstum von fünf bis sechs Prozent. Treiber ist nach wie vor der Wohnungsbau, vor allem der Geschoßwohnungsbau. Ein großes Problem ist allerdings der Fachkräftemangel. Er führt teilweise dazu, dass Aufträge nicht abgearbeitet werden können oder sogar abgelehnt werden müssen.