Maßnahmenpaket Baukostensenkung
Die Zielsetzung der Wohnungsbaupolitik wurde bereits hier und hier formuliert: Für bezahlbares Wohnen müssen die Baukosten gesenkt werden, gleichzeitig sollen noch in dieser Legislaturperiode 1,5 Millionen neue Wohnungen entstehen.
Mittel und Wege zur Zielerreichung standen im Fokus der weiteren Vorträge des Forums „Bauen und Wohnen weiter denken“. Lothar Fehn Krestas, Ministerialdirigent im Bauministerium, berichtete über die von der Bundesregierung erwogenen und eingeleiteten Maßnahmen und bewies als gelernter Architekt, dass auch in der Politik einschlägige Fachkompetenz vorhanden ist.
Für die notwendige Ausweitung und Effizienzsteigerung in der Bautätigkeit nannte er den Aufbau zusätzlicher Kapazitäten in der Baubranche als unabdingbare Voraussetzung – dies ist nur möglich auf Basis klarer und langfristig verlässlicher Signale. Serielles und modulares Bauen bietet Potential für Kosteneinsparungen und muss deshalb vorangetrieben werden, die Folgekosten von Regulierung und Normierung begrenzt und kostengünstige Systeme der technischen Gebäudeausrüstung entwickelt werden. Hier arbeitet die Regierung eng mit dem GdW zusammen, woraus der GdW-Rahmenvertrag für serielles modulares Bauen im Geschoßwohnungsbau resultiert, der Wohnungsneubauprojekte schneller, einfacher, kostengünstiger und in hoher Qualität realisieren lassen soll. Teile der Projektausschreibung und -vergabe sowie der Planung eines vorgesehenen Wohnungsbaus werden durch die Rahmenvereinbarung vorweggenommen und vorgefertigte Bauteile ermöglichen kürzere Baustellenzeiten. Aus den neun Angeboten des neuen Rahmenvertrags können Wohnungsunternehmen das für sie passende Modellgebäude auswählen und anschließend nur noch an das vorhandene Grundstück anpassen – so wird der Wohnungsbau deutlich beschleunigt. Ob das wie geplant funktioniert, soll durch Begleitforschung des Bauministeriums evaluiert werden.
Geplant ist auch der Aufbau eines nationalen BIM-Kompetenzzentrums in Zusammenbarbeit mit dem Verkehrsministerium und die Schaffung eines einheitlichen digitalen Zugangs zur Verwaltung, um Genehmigungsverfahren zu vereinfachen und zu beschleunigen. Die Politik hat verstanden: Nur durch abgestimmte Forschung, Pilotprojekte und Zusammenarbeit ist die Herausforderung „Bezahlbares Wohnen“ zu stemmen.
Fundamentaler Wandel durch Digitalisierung
Welche Anstrengungen für eine konsequente Digitalisierung nötig sind, erklärte Thomas Kirmayr, Geschäftsführer des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik IBP. Während das produzierende Gewerbe sich auf die 4. industrielle Revolution vorbereitet, steht die Bauwirtschaft hierzulande noch an der Schwelle der 2. industriellen Revolution. Während beispielsweise Shanghai bei großen Projektentwicklungen einen Vorfertigungsgrad von mindestens 50 % fordert, ächzt die deutsche Bauwirtschaft unter Lehrlings- und Fachkräftemangel und hat im Alltag keine freien Kapazitäten für umfangreiche Industrialisierungs- und Digitalisierungsprojekte mit ihrem Definitions- und Einführungsbedarf. Jeder redet vom notwendigen Wandel und sucht den kurzen Weg, um keine Fehler zu machen – der Praktiker vermisst da schmerzlich ein Übungsfeld, auf dem er neue Prozesse ausprobieren kann, ohne Angst vor existenzgefährdenden Fehlern zu haben. Hier sieht sich Fraunhofer, so Kirmayr, in der Verantwortung: „Im Verbundprojekt »Future Construction (FUCON 4.0)« werden, gemeinsam mit Industriepartnern, durchgängige digitale Prozessketten zum industriellen Bauen erforscht und erprobt. Dabei gilt es, die Wertschöpfungskette Bau genau unter die Lupe zu nehmen, Innovationspotenziale aufzudecken und Schnittstellen zu optimieren. Anhand realer Bauvorhaben sollen die Forschungsergebnisse dann prototypisch umgesetzt werden.“ Beispiel hierfür ist die Digitalisierung des Klosters Benediktbeuern, die beweisen soll, dass Bestandsimmobilien nicht außen vor bleiben müssen und dürfen. Anwender erhalten auf diesem Wege robuste Lösungen, die sich in Pilotprojekten bereits bewiesen haben und das Implementierungsrisiko reduzieren.
Gleichzeitig will Kirmayr den vorwiegend mittelständisch geprägten einheimischen Unternehmern der Baubranche die Angst vor der Veränderung nehmen: Großunternehmen mit starrer Struktur sieht er dafür viel schlechter gerüstet als flexible kleine und mittlere Unternehmen ohne starre Hierarchien. Und auch der Wissenschaftler betont: „Alleine schafft man das nicht!“